Wie sind Kommunen vorgegangen, um ihre Schulen auszustatten und eine Lerninfrastruktur aufzubauen? Dr. Christian Büttner, Leitender Direktor des Instituts für Pädagogik und Schulpsychologie in Nürnberg, erläutert das Vorgehen der Stadt Nürnberg.
Im Gespräch mit Dr. Christian Büttner, Stadt Nürnberg
1) Wie sahen die ersten Schritte aus, die die Stadt Nürnberg bei der Digitalisierung der schulischen Bildung gemacht hat?
Die Stadt Nürnberg hat sich schon vor einigen Jahren auf den Weg gemacht. 2014 hat der damalige Bürgermeister eine Arbeitsgruppe „IT an Schulen“ ins Leben gerufen. Als erstes haben wir uns von der Stadtverwaltung mit den Schulen zusammengesetzt und uns gefragt „Wie soll die Schule der Zukunft aussehen und welche Rolle spielt dabei Digitalisierung“. Stadt und Schulen haben dann gemeinsam im Februar 2017 die Digitalstrategie für die Nürnberger Schulen beschlossen, die Schritt für Schritt umgesetzt und verstetigt wurde. Von Anfang an war uns ein ganzheitlicher Ansatz wichtig, der pädagogische und technische Aspekte in Einklang gebracht hat und zu dem neben dem Einbezug von Schulen und IT-Experten auch Lehrkräftefortbildungen gehören.
2) Wenn es um technische Ausstattung geht, haben Schulen ja ganz unterschiedliche Bedarfe. Wie sind Sie als Schulträger damit umgegangen?
Eine unserer Prämissen ist, dass jeder seiner Expertise nachgehen kann. Ein Pädagoge muss bzw. soll kein IT-Techniker sein und umgekehrt. Um die verschiedenen Perspektiven zusammenzubringen braucht es je-doch jede Menge Kommunikation. Wir haben uns mit den Vertretern und Vertreterinnen der verschiedenen Schulformen zusammengesetzt und die Bedarfe ermittelt. Dabei haben wir nicht gefragt „Wie wollt Ihr ausgestattet werden?“ sondern „Wie wollt Ihr unterrichten?“. Die pädagogischen Bedarfe haben wir dann gemeinsam mit unterschiedlichsten IT-Professionen in technische Infrastruktur übersetzt. Entstanden ist ein standardisierter Warenkorb, der es uns ermöglicht all unsere Schulen zu bedienen und gleichzeitig die Bedarfe der Schulen berücksichtigt. Technik folgte dabei Didaktik: Entscheidend für die Auswahl waren die pädagogischen Einsatzszenarien. In verschiedenen Veranstaltungen wurden den Lehrkräften die Funktionalitäten der zur Verfügung stehenden Geräte mit den Vor- und Nachteilen demonstriert.
3) Können Sie uns kurz erläutern, wie die Lerninfrastruktur und der Warenkorb in der Stadt Nürnberg mittlerweile aussehen?
Der Warenkorb besteht aus verschiedenen Hard- und Softwareprodukten, aus dem die Schulen bedarfsgerecht auswählen können. Im Rahmen der DigitalPakt-Förderung wurden für die Lehrenden und Lernen-den verschiedene mobile Endgeräte beschafft und aus einem Softwarestore können die Lehrkräfte und Schulen Apps bzw. Software auswählen. Übergreifend stehen allen Schulen cloudbasierte Kollaborationstools, die Mediathek des Medienzentrums Nürnberg-Fürth sowie die Lernplattform Mebis zur Verfügung.
4) Wie arbeitet die Stadt Nürnberg aktuell mit den Schulen zusammen?
Wir sind mit der sogenannten „Warenkorbgruppe“ gestartet. Dann folgte ein weiterer Austausch mit dem Schulamt und Ministerialbehörden, aber auch mit Personalvertretungen, wenn es beispielsweise um datenschutzrechtliche Freigaben oder Nutzungsbedingungen geht. Im Grunde stehen wir mittlerweile im permanenten Kontakt. Ohne Kommunikation geht es nicht. Der Austausch zwischen den verschiedenen Beteiligten hat sich teilweise in einem festen Rhythmus institutionalisiert, vieles passiert aber auch auf Zuruf. Wir versuchen so zu informieren, dass es auch wirklich jeder versteht und so einen Konsens zwischen Schulen, Stadtrat und Bevölkerung zu erreichen.
5) Stellen Sie sich vor, Sie stünden noch einmal ganz am Anfang Ihres Prozesses. Was würden Sie sich selbst empfehlen?
IT an Schule hat nichts mit Digitalisierung zu tun. Es ist vielmehr ein komplexes Projektmanagement. Wichtig dabei ist Nachhaltigkeit und Gelassenheit – es braucht einfach Zeit. Nehmen Sie Tempo raus - es geht nicht alles auf einmal, aber verfolgen Sie den eingeschlagenen Weg konsequent. Auch die Vernetzung mit Partnern wie beispielsweise Schulträgern, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen hilft weiter. Auch das Bündnis für Bildung unterstützt Sie gerne.
Herzlichen Dank für das Gespräch. Das Interview wurde geführt von Daniela Bickler.
Infokasten Nürnberg:
2017 verabschiedete der Stadtrat eine IT-Strategie für die 148 Schulstandorte in Nürnberg. Insgesamt gilt es, für 4.000 Lehrer und 68.000 Schülerinnen und Schüler eine Schullandschaft zu schaffen, die den Anforderungen an digitales und hybrides Lernen gerecht wird. Die Strategie wird seit 2018 umgesetzt und wurde im Rahmen der Covid-19-Pandemie weiterentwickelt und verstetigt.